Bericht ueber die Vampirs zu Medvegia in Servien Flueckinger 1732: Unterschied zwischen den Versionen

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Bericht über die Vampirs zu Medvegia in Servien Sprache des Werks: Deutsch. Version: 1.

 

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Flückinger Johann
Vernünftige und Christliche Gedancken über die Vampirs Der Actenmäßige Bericht über die Vampirs, so sich zu Medvegia in Servien an der Türckischen Gräntzen sollen befunden haben.

§.II

Der Actenmäßige Bericht über die Vampirs, so sich zu Meduegia in Servien an der Türckischen Gräntzen sollen befunden haben, lautet von 17ten Ian. 1732. also:

Nachdem die Anzeigung geschehen, daß in dem Dorfe Meduegia in Servien die so genannten Vampirs einige Persohnen durch Aussaugung des Bluhts umgebracht haben sollen; als bin ich auf hohen Befehl eines alhiesigen Hochlöblichen Ober-Commando, um die Sache verständig zu untersuchen, nebst dazu commandirten Herrn Officiers und zwey Unterfeldscherern dahin abgeschicket und habe gegenwärtige inquisition in Beyseyn des der Stallater Heyducken Compagnie Capitain Gorschitz Haduck, Barjactar und ältesten Heyducken des Dorfs folgender massen vorgenommen, welche denn, da sie abgehöret worden, einhellig ausgesagt, daß vor ohngefehr fünf Jahren ein hiesiger Heyduck, nahmens Arnond Parle, sich durch einen Fall von einem Heuwagen den Halß gebrochen. Dieser hatte bey seiner Lebens-Zeit sich öfters verlauten lassen, daß er bey Gossowa in dem Türckischen Servien von einem Vampir geplaget worden sey; Dahero er von der Erde des Grabs eines Vampirs gegessen und sich mit dessen Bluht geschmieret habe, um von der erlittenen Plage entlediget zu werden. In 20. oder 30. Tagen nach seinem Tod-Falle haben sich einige Leute beklaget, daß sie von dem gedachten Arnond Parle geplaget würden, wie denn würcklich 4. Persohnen umgebracht worden. Um nun dieses Ubel einzustellen, haben sie auf Einrahten ihres Hadnucks, welcher schon vorhin bey dergleichen Begebenheiten gewesen, diesen Arnond Parle in beyläuffig 40. Tagen nach seinem Tode ausgegraben, und gefunden, daß er gantz vollkommen und unverweset sey, auch ihm das frische Bluht zu den Augen, Nasen und Ohren herausgeflossen, das Hembd, Ubertuch und Tücher gantz bluhtig gewesen, die alten Nägel an Händen und Füssen samt der Haut abgefallen, und dargegen andere neue gewachsen seyn. Weil sie nun daraus ersehen, daß er ein würcklicher Vampir sey, so haben sie demselben nach ihrer Gewohnheit einen Pfahl durchs Hertz geschlagen, worbey er nen wohlvernehmliches Geächzen gethan, und ein häuffiges Geblühte von sich gelassen. Worauf sie den Cörper noch selbiges Tages gleich zur Aschen verbrant und solche in das Grab geworffen. Ferner sagen obgedachte Leute aus, daß alle diejenige, welche von den Vampirs geplaget und umgebracht worden, ebenfals zu Vampirs werden müssen. Also haben sie die obberührte 4. Persohnen auf gleiche Art exsequirt. Dem fügen sie auch hinzu, daß dieser Arnond Parle nicht allein die Leute, sondern auch das Vieh angegriffen und ihnen das Bluht ausgesauget habe: Weil nun die Leute das Fleisch von solchen Vieh genützet, so zeigte sich aufs neue, daß sich wiederum einige Vampirs alhier befinden, allermassen in einer Zeit von drey Monahten XVII. junge und alte Persohnen mit Tode abgegangen, worunter einige ohne vorhergehabte Kranckheit in 2 oder 3. Tagen gestorben. Dabey meldet der Heyduck Joviza, daß seine Schwiegertochter Stanioicka vor 15. Tagen sich frisch und gesund schlaffen gelegt, um Mitternacht aber mit einem entsetzlichen Geschrey, Furcht und Zittern, aus dem Schlafe aufgefahren, und geklaget, daß sie von einem vor 4. Wochen verstorbenen Heyducken-Sohne, nahmens Milloe, um den Hals gewürget worden sey, worauf sie einen grossen Schmerz auf der Brust empfunden und von Stunde zu Stunde sich schlechter befunden, bis sie endlich den achten Tag gestorben. Hierauf sind wir denselben Nachmittag auf dem Freyt-Hof, um die verdächtigen Gräber eröfnen zu lassen, neben den oft gemeldten Heyducken des Dorfs ausgegangen, die darin befindliche Cörper zu visitiren, wobey nach sämtlicher Secirung sich gezeiget:

Ein Weib, nahmens Stana, zwantzig Jahr alt, so vor drey Monahten nach einer dreytägigen Kranckheit ihrer Niederkunft gestorben, und vor ihrem Tode daselbst gesagt, daß sie sich mit dem Bluhte des Vampirs gestrichen hätte, (a)[1] folgendlich sie sich so wohl, als ihr Kind, welches gleich nach der Gebuhrt gestorben und durch eine leichtsinnige Begräbniß von den Hunden bis auf die Helfte verzehret worden, (b)[2] ebenfals Vampirs werden müssen. Sie war gantz volkommen und unverweset (c)[3]. Nach Eröfnung des Cörpers zeigete sich in cauitate pectoris eine quantität frisches extravasirtes Geblühte. Die Vasa, als arteriae und venae, nebst den ventriculis cordis waren nicht, wie es sonst gewöhnlich, mit (d)[4]coagulierten Geblühte implicieret, die sämtlichen viscera, als pulmo, hepar, stomachus, lien & intestina waren dabey gantz frisch, wie bey einem gesunden Menschen: Der uterus befand sich gantz groß und externe sehr inflammirt, weil placenta, wie auch die lochia, bey ihr geblieben; dahero selbiger in völliger (e)[5] putredine war. Die Haut an Händen und an Füssen samt den alten Nägeln fiele von sich selbsten herunter (f)[6]; herentgegen zeigten sich nebst einer frischen und lebhaften Haut gantz neue Nagel.

2) War ein Weib, nahmens Miliza, beyläufig sechzig Jahr alt, welche nach dreymonahtlicher Kranckheit gestorben, und vor neunzig und etlichen Tagen begraben worden. In der Brust befand sich vieles liquide Geblühte. (g)[7] die anderen viscera waren gleich der vorgemeldeten in einem guten Stande. Es haben sich bey der Secirung die umstehende sämtliche Heyducken über ihren fetten und vollkommenen Leib sehr verwundert, einhellig aussagende, daß sie das Weib von ihrer Jugend auf wol gekennet, und zeit ihres Lebens gantz mager und ausgedort gewesen (h)[8], mit nachdrücklicher Vermeldung, daß sie erst in dem Grabe zu dieser verwundernswürdigen Fettigkeit gelanget sey, auch der Aussage der Leute nach, solle sie jetziger Zeit den Anfang zu vampiren gemacht haben, zumahlen sie das Fleisch von den Schafen, so von den vorhergehenden Vampiren umgebracht worden, gegessen habe. (i)[9]

3) Befande sich ein acht-tägiges Kind, welches neunzig Tage im Grabe gelegen (k)[10], gleichermassen im Vampir-Stande.

4) Wurde eines Heyducken (l)[11] Sohn, Nahmens Milloè, sechzehn Jahr alt ausgegraben, so neun Wochen im Grabe gelegen, und nach einer drey-tägigen Kranckheit gestorben, und gleich den andern Vampirs befunden worden.

5) Ist der Joachim, gleichfals eines Heyducken Sohn, siebenzehn Jahr alt, nach einer drey-tägigen Kranckheit gestorben, nachdem er acht Wochen und vier Tage begraben gelegen, und befand sich bey der Section gleicher Gestalt.

6) Ein Weib, Nahmens Rusche, welche nach einer zehn-tägigen Kranckheit gestorben, und vor sechs Wochen begraben worden, bey welcher auch viel frisches Geblühte nicht allein in der Brust, sondern auch fundo ventriculi gefunden habe, wie sich denn auch ein gleiches bey ihrem Kinde, so achtzehn Tage alt war, und vor fünf Wochen gestorben, gezeiget hat.

7) Nicht weniger befand sich ein Mägdlein von zehen Jahren, welche vor zwey Monahten gestorben, in obangezogenem Zustande, gantz vollkommen und unverweset, und hatte in der Brust vieles frisches Geblühte.

8) Hat man des Hadnucks Weib samt ihrem Kinde ausgraben lassen, welche vor sieben Wochen, ihr Kind aber, so acht Wochen alt, und vor ein und zwantzig Tagen gestorben war, daß so wol die Mutter als das Kind völlig verweset, ob sie wol in gleicher Erden und nechst-gelegenen Gräbern begraben worden. (m)[12]

9) Ein Knecht des hiesigen Heyducken-Corporals, Nahmens Rhade, so drey und zwantzig Jahr alt war, ist in einer dreymonatlichen Kranckheit gestorben, und nach einer fünfwöchentlicher Begräbnis völlig verweset gefunden worden.

10) Des hiesigen Bariacters Weib samt ihrem Kinde, so vor fünf Wochen gestorben, war gleichermassen völlig verweset.

11) Bey dem Stancko, einem Heyducken, so sechszig Jahr alt und vor sechs Wochen gestorben war, habe ich ein häufiges Geblühte, so gleich den andern liquide, in der Brust und Magen gefunden, und der gantze Leib war in oft-benanntem Vampir-Stande.

12) Milloë, ein Heyducke, 25. Jahr alt, so sechs Wochen in der Erde gelegen, fand sich gleichfals in mehr-gemeldetem Vampier-Stande.

13) Stanjoicka, eines Heyducken Weib, zwantzig Jahr alt, ist an einer dreytägigen Kranckheit gestorben und vor achtzehen Tagen begraben worden. Bey der Secirung habe ich gefunde, daß sie in dem Angesicht gantz roht und von lebhafter Farbe war, und, wie obgemeldet, sie von des Heyducken Sohn, Nahmens Milloë, sey um Mitternacht um den Hals gewürget worden, sich auch augenscheinlich gezeiget, (n)[13] daß sie an der rechten Seite unter dem Ohr einen blauen mit Bluht unterloffenen Flecken, eines Fingers lang, gehabt. Bey Eröfnung ihres Sargs flosse eine quantität frisches Geblühts aus der Nasen. Nach der Secirung fande ich, wie schon oft gemeldet, ein rechtes Balsamisches Geblühte, nicht allein in der Höle der Brust, sondern auch in ventriculo cordis. Die sämtliche viscera befunden sich in vollkommenen gesunden und guten statu. Die Unterhaut des gantzen Cörpers, samt den frischen Nageln an Händen und Füssen, waren gleichfalls frisch.

Nach geschehener visitation sind den sämtlichen Vampirs die Köpfe durch dasige Zigeuner herunter geschlagen, (o)[14] und samt den Cörpern verbrannt, die Asche davon in den Fluß Morava geworfen; (p)[15] die verwesete Leiber aber wieder in ihre vorhergehabte Gräber geleget worden. Welches hie samt den mir zugegebenen zwey Unter-Feldscherern bekräftige. Medovegia in Servien. 7. Jan. 1732.

Joh. Flickinger, Regiments-Feldscherer des löbl. Baron-Fürstenbusch. Regiments zu Fuß.

Isaac Siegel, Feldscherer des löbl. Maragl. Regiments.

Joh. Frid. Baumgärtner. (wie der erste)

Darunter hatten sie zwo Officier geschrieben, und dieses mit ihrem Zeugnis bekräfftiget, unter dem dato: Belgrad 26. Jan. 1732.


(a): Hieraus erhellet, daß das Ubel sich durch gewisse Mittel fortgepflanzet habe, folglich eine Seuche gewesen sey.
(b): Von diesem Knaben wird gar keine Vampirung berichtet, weil dessen Theile von der äusserlichen Luft haben gerührt werden können und folglich in eine merckliche Fäulung gegangen seyn.
(c): Man bedencke auch den Umstand, daß es damahls Winter gewesen und die auswärtige Luft Zeit einigen Monahten schon dicke und frisch gewesen sey.
(d): Aus der Seite JEsu flos Bluht und Wasser heraus, zum Zeichen, daß sich das Wasser schon abgesondert gehabt, und folglich derselbe wahrhaftig gestorben sey.
(e): Woraus erhellet, daß der Satan die Cörper der Vampirs gar nicht vor der Fäulniß bewahrt, denn wo die Fäulniß wegen der Gehrung in den saftigsten Theilen am ersten anheben kan, daselbst hat sie sich gefunden.
(f): Dis zeigt eine vorhergegangene alteration an, so in dem Cörper durch die Kranckheit und den Tod veruhrsacht worden.
(g): A. 1709. fielen über vierzig Leute im Winter durch einen Eisgang in die Donau, und behielten, weil das Wasser kalt ist, und die Luft nicht frey hinzukommen konte, auch noch nach acht Wochen, da sie zu sammen gesucht wurden, ein gar klares Bluht. Denn als sie an die freye Luft und in eine warme Stube kamen, lief ihnen das klare und helle Bluht aus der Nasen und Munde, und drung, da man sie in ein Sarg legte, durch die Todtenhaare.
(h): Dis zeigt die bey dem Tode vorgegangene alteration und die disposition zur Gehrung an, welche nachher durch die Abhaltung der freyen Luft in der kalten Erde nicht zum gänzlichen Ausbruch gelangen können. Trockene Leute haben gemeiniglich viel Bluht, welches durch einen mähligen dazukommenden elaterem sich sehr auseinander spannen kan.
(i): Hieraus erhellet, daß die Seuche sich von Essung eines inficirten Schaffleisches angesponnen habe.
(k): Dieses hat vermuthlich die Seuche von der Mutter durch die Gebuhrt oder die Milch geerbet.
(l): BVSBEQUINS legationis Turcicae epistola L. p. 30. Heydoncs vocant Hungari ex armamentariis milites siue praedones.
(m): Diese sind nicht an gleicher Seuche gestorben.
(n): Vor etwa sieben Jahren träumete hieselbst zu Gandersheim einer Mutter und Tochter, daß ihnen die Köpfe sehr dicke wären und wehe thäten. Die Phantasey rührte von der disposition des Cörpers. Denn kurtz darauf zeigete sich das an ihren Gesichtern, was ihnen geträumet hatte.
(o): War diese Vampirung von Satan, warum hat man ihn nicht durchs Gebeht weggetrieben? War sie natürlich, warum hat man eine solche Strafe oder Schau-Spiel an den Cörpern ausgeübet? Man sollte die grossen, ungerechten, und lebendigen Vampirs köpfen und die todten in der Stille lassen.
(p): Sollte unter den Vampirs nicht ein redlicher Mann gewesen seyn? Woraus beweiset man das Gegentheil? Wie mag dieses den Anverwanten nicht zur Schmach ausgeleget seyn?


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Endnoten